Es
ist
einfach faszinierend, dass Stirlingmotoren nur allein durch
Temperatur-Unterschiede laufen und noch faszinierender ist es für die
meisten
Modellbauer, wie schnell die Aufnahme von Wärme in der Luft innen im
Heißteil von
statten geht. Die Drehzahl spricht da deutliche „Worte“. Überall in
Prospekten,
Büchern usw. wird mit den höchsten Drehzahlen angegeben, die der Motor
zustande
brachte.
Doch
ist die Drehzahl wirklich ein Indiz für einen gut gelungenen
Stirlingmotor? Für
mich sind hohe Leerlauf-Drehzahlen eher etwas anderes: Unüberlegtes
Gefährden
der Lagerstellen! 90% aller Modellmotoren, die ich gesehen habe, waren
kaputt
(meist ausgeschlagene Gelenke) und fast alle deren Besitzer gaben zu,
ihren
Stirlingmotor bei höchsten Drehzahlen im Leerlauf betrieben zu haben.
Nein, mit
den Drehzahlen kann man die Leistung nicht beweisen!
Die
Leistung setzt sich nicht nur aus Drehzahl, sondern auch aus dem
Drehmoment
zusammen. Die Formel lautet: Leistung (in Watt) = Drehzahl (in
Umdrehungen pro
Sekunde) x 2 x 3,14 (Pi) x Drehmoment (in Newtonmeter). Die Abkürzung
für
Newtonmeter ist Nm. Die
Kraft von 1 N entspricht der Gewichtskraft, die ein Gewicht von 100 g
auf den
Untergrund ausübt. Das gilt jedenfalls für die Erde. Bringen
wir an einer Achse einen Hebelarm von einem Meter an und lassen wir an
seinem
Ende 100 g baumeln, dann wird die Achse mit einem Drehmoment von genau
1 Nm
belastet. Die Art dieser Belastung in der Achse können wir uns so
vorstellen,
wie wenn man ein nasses Handtuch auswringt. Das Drehmoment ist also so
eine Art
„Material-Verdrehkraft“. Manche
Achsen stehen aber nicht wie im oberen Beispiel, sondern sie drehen
sich.
Solche Achsen nennt man dann Wellen. Die Welle, die von einem Automotor
zu den
Rädern geht, dreht sich aber nicht nur, sondern der
Stahl der Welle wird ständig mit dieser
„Material-Verdrehkraft“ belastet - besonders wenn es bergauf geht. Das
Drehmoment und die Drehzahl wirken also gleichzeitig. Und nur aus deren
Multiplikation gewinnen wir die Leistung.
Wir
müssen unseren Stirlingmotor also belasten, damit wir ein Drehmoment
und damit
eine Leistung aus ihm herausholen.
Beispiele
für die Ausnutzung bereits von kleinen Stirlingmodellen sind:
Raum-Ventilator,
Wasserpumpe für einen kleinen
Springbrunnen, ferngesteuertes Schiffsmodell und wenn Sie
fortgeschrittener
Modellbauer sind und die Lastwechsel des Stirlingmotors voll im Griff
haben
eine Modell-Eisenbahn z.B. im Maßstab 1:10.
Aber
am einfachsten ist es, einen Generator zu betreiben und die elektrische
Energie
zur Aufladung von Akkus zu gebrauchen.
Doch
aufgepasst! Wenn wir den Motor nicht mehr als Spielzeug im Leerlauf
laufen
lassen, sondern ihn richtig belasten, dann baut sich am heißen Teil ein
"Hitzepolster" auf. Dieses Hitzepolster hat den Vorteil, dass jetzt der
Motor
erst recht sein volles Drehmoment entfaltet, aber auch den Nachteil,
dass der
Motor durchgehen kann und dann sofort kaputt ist, dann nämlich, wenn
aus
Versehen ein Übertragungs-Riemen seinen Geist aufgibt (Gummi wird mit
den
Jahren spröde) oder wenn jemand über die elektrische Leitung zum Akku
stolpert
und sie kappt. Es ist daher ratsam, wenn zwei Übertragungsriemen für
die
Übertragung der mechanischen Leistung nötig wären, immer einen dritten
mitlaufen zu lassen. Und gegen das unbeabsichtigte Lösen von
elektrischen
Leitungen hilft nur Eines: Eine Fliehkraftbremse direkt am Motor (Siehe
„Die Bremse“
auf dieser Internetseite). Sie schützt den Stirlingmotor
zuverlässig
vor dem Durchgehen.
Für
das Erfassen des Drehmomentes von großen Maschinenanlagen gibt es
professionelle Messsysteme, die man zwischen den Motor und den
Generator
anordnen kann. Das elektronische Signal kann dann an einen Computer
weitergeleitet werden. Solche Messerfassungs-Systeme haben natürlich
ihren
Preis. Sie lohnen sich bei Stirlingmotoren ab 1 kW.
Wer
gerne
ohne Elektronik auskommen will, kann das Drehmoment auch elektrisch
oder
mechanisch messen. Für
die elektrische Variante benötigt man allerdings einen Generator mit
einem
Kennfeld, auf dem auch der Wirkungsgrad des Generators eingetragen ist.
Wenn
ein Generator-Hersteller überhaupt ein Kennfeld aufgezeichnet hat, so
doch
meist keines mit dem Wirkungsgrad. Aber nur so kann man das Drehmoment
des
Stirlingmotors indirekt berechnen. Noch
einfacher
ist die mechanische Variante. Hier kann man einen
sogenannten Pronyschen
Zaum einsetzen. Er ist in jeder kleinen Werkstatt einfach herzustellen.
Der Pronysche
Zaum für kleine Stirlingmodelle besteht aus einem Vierkantstab aus
Holz. Eine
geschlitzte Bohrung an einem der beiden Enden nimmt die Welle des
Motors auf.
Dabei sollte der Schlitz nicht nur bis zur Bohrung, sondern
auch
darüber hinaus angesägt werden, damit der Schlitz durch eine Schraube
stufenlos und feinfühlig zusammendrücken
werden kann. Zur Erhöhung der Feinfühligkeit kann eine Druckfeder (hier
aus einem Kugelschreiber) verwendet werden. Nun
wird noch die Länge des Hebelarms gemessen und eine Waage unter das
andere Ende
des Vierkantstabes gestellt. Bei
größeren Stirlingmotoren wird die Welle und das Holz an der
Reib-Bohrung zu
heiß. Dann kann man ein Rad auf der Welle befestigen, das so ausgedreht
wird,
dass eine umlaufende Wasserrinne entsteht. Während des Laufes führt man
mit einer Plastikspritze
ständig
Wasser zu, so dass ein dünner Wasserfilm entsteht. Dieser Wasserfilm
verdampft und die Reibpartner können nicht
mehr
überhitzen. Bei solchen Leistungen von 40 W bis 1 kW sollte man statt
Holz allerdings Bakelit oder ähnliche Werkstoffe für den Pronyschen
Zaum benutzen und einen
Hebelarm aus Aluminium anschrauben. Außerdem muss man darauf achten,
dass der
Pronysche Zaum nicht von alleine axial wegtriftet und der
Motor mitten im Testlauf durchgeht. Anlaufscheiben (hier grün
dargestellt), die am Rad angeschraubt werden,
können diese Trifft verhindern. Nun
wollen wir eine Leistungskurve aufnehmen. Dazu benötigen wir außer dem
Drehmoment noch die Drehzahl. Die Drehzahl kann über einen Magneten am
Schwungrad und einem Fahrrad-Tacho, oder einer Reflex-Lichtschranke
gemessen werden (Siehe Kapitel 5.1 im Buch "Experimentieren mit dem
Stirlingmotor".
Für
die erste Messreihe stellen wir die Heizflamme auf einen hohen
Wert ein. Wir lassen den Motor
zunächst bei gerade noch zu vertretender hoher Drehzahl laufen, bremsen
ihn nur schwach mit der Schraube am Pronyschen Zaum. Wir müssen den
Motor mehr als
eine
Minute so laufen lassen, damit er voll durchgewärmt ist. Wenn sich die
Temperatur am kalten Teil nicht mehr erhöht, nehmen wir die ersten
Messwerte:
Wir lesen die momentane Drehzahl und die Kraft auf der Waage ab und
tragen
beide
Werte in eine Liste. Dann bremsen wir mit dem Pronyschen Zaum etwas
stärker,
warten wieder ca. eine Minute, bis sich die Drehzahl nicht mehr
verändert und
nehmen wieder beide Momentanwerte in unsere Liste auf. Auf diese Weise
nehmen
wir mindestens 5 Doppelwerte auf. Dabei brauchen wir uns gar nicht
anzustrengen, besonders glatte Drehzahlen anzufahren. Diese Mühe ist
meist
umsonst. Nach der ersten Messreihe können wir nun eine zweite Messreihe
bei
reduzierter
Flammenleistung aufnehmen. Auch sie sollte wieder von hohen Drehzahlen
zu
langsamen abgefahren werden. Nachdem wir auf diese Weise das
Messprotokoll
erstellt haben, stellen wir den Motor ab und erweitern das zweispaltige
Protokoll mit weiteren Spalten. Hier tragen wir den Hebelarm und
Umrechnungs-Faktoren ein und errechnen für jeden Messpunkt die
Leistung. Dann
zeichnen wir ein Diagramm mit den Leistungskurven. Erst jetzt wissen
wir, wie
hoch die Leistung unseres Stirlingmotors ist (in diesem Fall 3,5W) und
bei welcher Drehzahl
er diese
Maximalleistung abgibt! Bei jeder Anwendung des Motors
(Generator, Ventilator, Wasserpumpe für
Springbrunnen,
Schiffsmodell-Antrieb, usw.) sollten wir in Zukunft in diesem
Drehzahlbereich
der maximalen Leistung bleiben!
Bei
den kleineren Drehzahlen, wenn wir mit unserem Pronyschen Zaum bereits
ein
hohes Drehmoment erzeugt hatten, haben wir vielleicht bemerkt, dass die
Waage
zu vibrieren anfing. Dies ist vor allem dann normal, wenn der
Stirlingmotor ein
kleines oder leichtes Schwungrad besitzt. Wer die
Vibrationen auf der Waage
genau beobachtet,
der wird bemerkt haben, dass die Waage zweimal pro Umdrehung einen
Maximalwert aufweist. Ausgehend von dem 6-Phasen-pV-Diagramm im Beitrag
„Funktionsweise
Stirlingmotor“
auf dieser Internetseite können wir folgende Drehmomentkurve
aufzeichnen, die
sich jede Umdrehung wiederholt. Hier wird jetzt offensichtlich, dass
nicht nur bei der Überdruck-Expansion (zwischen 0 und 100°) sondern
auch bei der
Unterdruck-Kompression (zwischen 180 und 305°) ein positives Drehmoment
entsteht. Das ist
geradezu typisch für Stirlingmotoren. Die
großen Drehmoment-Schwankungen können nur durch ein Schwungrad
einigermaßen ausgeglichen
werden. Allerdings nie vollständig. Bei den meisten Anwendungen merkt
man die
Schwankungen nicht oder sie sind nicht störend. Aber
wer mehr als 3 kW ins elektrische Netz schieben will, ist gut beraten,
einen
Doppel- oder Mehrfachmotor zu bauen, bei dem mehrere Stirlingsysteme in
Phase
arbeiten. So wird das Drehmoment und damit die abgegebene elektrische
Leistung
geglättet. Bei
den Netzbetreibern sind Netzschwankungen gar nicht erwünscht. Wenn
diese wüssten, wie gut solche Stirlingmotoren sind, würden sie
Explosionsmotoren gar nicht mehr als Kraft-Wärme-Kopplung zulassen.
Denn Explosionsmotoren besitzen
eine
noch viel größere Drehmomenten-Schwankung als Stirlingmotoren.Das Drehmoment
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