Der
Kryomotor (LNG)
Stirlingmotoren
haben einen heißen Kopf und einen warmen
Kühler – so sind wir das gewöhnt. Sein Drehmoment und damit seine
Leistung ist
von diesem Temperaturverhältnis abhängig. Schön ist es natürlich, wenn
auf der
Kühlerseite möglichst tiefe Temperaturen realisiert werden. Statt
Heizkörper
Fußbodenheizung, statt 60°C-Boiler einen 45°C-Behälter, in dem das
Brauchwasser
in einem Kupferrohr aufgeheizt wird. Bei einem Stirlingmotor, der ein
Boot
antreibt, nimmt man das kalte Wasser in der Umgebung des Bootes zum
Kühlen und
im Weltall könnte man die kalten Hintergrund-Temperaturen im All als
Kühlquelle
benutzen, so dass der Kühler auf unter -30°C gehalten werden kann.
Es
kommt
also auf ein möglichst tiefes Temperaturniveau an, das technisch
angezapft
werden kann.
Kalte
Reservoire sind prinzipiell rar und solche mit sehr
tiefen Temperaturen noch mehr. Aber es gibt tatsächlich seit ein paar
Jahrzehnten eine Technologie, die förmlich darauf wartet, Flüssigkeit
in großen
Mengen bei -162°C auszunutzen. Die Flüssigkeit muss bei diesen
Temperaturen
verdampft und der Dampf anschließend auf über 0°C erwärmt werden. Die
Rede ist
von verflüssigtem Erdgas.
Um
Erdgas von einem Kontinent zu einem anderen zu bringen,
lohnt es sich oft nicht, eine Pipeline zu bauen. So hat man bereits vor
der
Jahrtausendwende begonnen, Erdgas zu verflüssigen und mit
entsprechenden Tankern
in Länder zu bringen, in denen Erdgas gebraucht wird. Aus 600 m³ Erdgas
wird
dabei 1 m³ Flüssiggas (LNG) und im Zielhafen bei der Regasifizierung
wieder 600
m³ Erdgas. Wenn die Flüssigkeit bei Normaldruck befördert werden soll,
ist eine
Temperatur von -162°C notwendig.
In
den Zielhäfen steht also ein kaltes Reservoir von
riesigen Dimensionen zur Verfügung. Was wird damit gemacht? Wie wird
die
Flüssigkeit verdampft und erwärmt? Anfangs nahm man einen Teil des
Erdgases und
betrieb damit einen Brenner. Dann wurde Meerwasser für den Vorgang
abgekühlt
und bei Zielhäfen im warmen Süden kommt Luft in Frage, die man abkühlen
kann.
Als Zwischenmedium wird meist Helium eingesetzt, denn vereiste Kühler –
egal ob
im Meerwasser oder Luft – sind unwirksam. Auch eine Ansiedlung von
Kühlhallen
für Lebensmittel der großen Lebensmittelketten könnten dieses
Kältereservoir
anzapfen, so dass sie ohne teure und gefährliche Kältemaschinen
auskommen
würden.
Am
meisten würde es aber Sinn machen, Kraftwerke zu
betreiben, die das Temperaturverhältnis zwischen -162°C und 5°C
ausnützen.
Solche Kraftwerke sind vorstellbar: mit der Stirling-Technologie. Ein
solcher
Stirling-Kryomotor würde statt einem heißen Röhrchen-Kopf, einen Kopf
mit
Rippen besitzen, der in die eisige Flüssigkeit eintaucht und dabei
unter Last
ca. -150°C kalt bleibt. Der Motor hätte ein Kolbenverhältnis zwischen
0,8 bis
0,9 und einen Phasenwinkel von -60 bis -70 Grad. Warum Minus? Weil die
Drehrichtung des Motors anders herum sein würde, wie wir das von
unseren Stirlingmotoren
gewöhnt sind. Diesmal käme zuerst der Arbeitskolben und dann nach 60
bzw. 70
Grad der Verdrängerkolben in den oberen Totpunkt.
Übrigens,
Ridermotoren (der Alphatyp) mit 90 Grad
Phasenwinkel kommt hier nicht in Frage. Sein Kolbenverhältnis ist zu
groß für
das Temperaturverhältnis bei der Regasifizierung von Erdgas. Er würde
allenfalls im Leerlauf rotieren, aber solche Motoren ohne nennenswertes
Drehmoment sind völlig überflüssig. Wollte man den Ridermotor trotzdem
nutzen,
so sind Phasenwinkel von 120 Grad und mehr angebracht.
Das
Element, das sonst beim Stirlingmotor die Funktion des
Kühlers innehat, wird im Kryomotor zum Erhitzer (Das Helium im
Stirlingprozess
wird hier aufgewärmt). Im
Zielhafen wird
hierzu Wasser aus dem Meer gepumpt, durch diesen Erhitzer gelassen, um
einige Kelvin
abgekühlt und wieder zurück ins Meer gepumpt. Der Kühler eines solchen
Kryomotors muss dabei so schnell mit Wasser durchflossen werden, dass
kein Eis in
ihm entsteht. Wenn trotzdem Vereisung im Kühler droht, muss der
Arbeitsdruck im
Stirlingmotor reduziert werde. Auf diese Weise wird ein solcher Motor
geregelt.
Umgekehrt heißt das, dass die Leistung des Stirlingmotors – und damit
der
Heliumdruck soweit hochgefahren werden kann, bis es fast zur Vereisung
im
Kühler kommt.
Die Temperaturen im Kurbelgehäuse lägen bei einem solchen Kryomotor bei um die 10°C. Die Fette der Wälzlager müssten nicht wie beim normalen Stirlingmotor aus rein synthetischen Hochtemperatur-Mischungen bestehen, sondern aus ganz normalen Wälzlagerfetten. Das ist ein großer Vorteil, vor allem für die Lebensdauer. Trotzdem dürfen die Wälzlager nicht unterdimensioniert werden und müssen alle paar hundert Stunden automatisch nachgefettet werden. Mit Öl zu schmieren wäre nicht ratsam, weil sich das Öl im Regenerator bei den kalten Temperaturen verfestigt und den Regenerator irgendwann verstopft.
Bei
der Fertigung muss man besonders darauf achten, dass der
Kältekopf dicht ist und bei den kalten Temperaturen dicht bleibt.
Geschweißte
Röhrchen sind hier nicht zielführend. Inwieweit gelötete Röhrchen
zielführend
sind, muss untersucht werden. Auf jeden Fall müssten sie mit Nickel in
einem
Hochvakuum verlötet werden. Noch besser ist ein Kältekopf aus einem
Guss mit
inneren Kanälen, die erodiert werden.
Falls
doch eine Undichtigkeit beim Betrieb auftritt, ist
übrigens keine Gefahr im Verzug, da Helium innert ist und es sich nicht
mit dem
Erdgas chemisch verbindet, schon gar nicht schlagartig (keine
Explosionsgefahr).
Um
den Motor anhalten und zur Wartung abdocken zu können,
müssen auf der warmen Seite des Regenerators elektrische Heizelemente
angebracht werden, die verhindern, dass an dieser Schnittstelle alles
vereist
und der Stirlingmotor nicht mehr angedockt werden kann. Solche
Heizelemente
sind in der Flüssiggas-Technologie üblich, vor allem an Ventilen und
Andockflanschen.
Noch
ein Wort zu Erdgas und zur Erdgas-Verflüssigung: Die
menschengemachte Klimakatastrophe sowie die allmähliche Erschöpfung der
fossilen
Energieträger zwingt die Menschheit, auf natürliche Energieformen wie
Wind,
Sonne, Wasserkraft, Wellen- und Gezeitenkraft und schließlich auf
Osmose
zwischen Süßwasser und Salzwasser umzuschwenken. Die Ansätze dazu sind
gemacht,
Pläne dazu in die Wege geleitet. Trotzdem wird es länger dauern, als
uns lieb
ist. Deshalb brauchen wir Erdgas als Übergangs—Energieform. Und wenn
weitere
Pipelines, z.B. die aus Norwegen durch Sabotage oder andere
Unwägbarkeiten
ausfallen, wird es sofort Stimmen geben, die fragen, warum nicht viel
früher
und intensiver an LNG-Terminals gearbeitet worden ist. Bis dato (Herbst
2024)
gibt es nur schwimmende Terminals. An landgestützten Terminals wird
gearbeitet,
die dann vier Mal so viel LNG in der gleichen Zeit regasifizieren
können. Auch
für einen kalten, langen Winter, der trotz Klimaerwärmung durchaus
wieder
einmal über uns hereinbrechen kann, brauchen wir diese Kapazität.
Realistisch,
ohne Wunschdenken, brauchen wir bis ca. 2060 Erdgas, auch wegen der
sogenannten
Dunkelflaute, die wir am Anfang nicht vollständig mit Windgas abdecken
können.
Wenn
jetzt, Mitte der 20-iger Jahre, Kryo-Stirlingmotoren
entwickelt und gebaut werden, können sie noch über zwanzig Jahre üppige
Erträge
erwirtschaften.