Ein Brenner für den Stirlingmotor

Stirlingmotoren zu bauen ist eine große Herausforderung, gerade weil es keine Vorbilder gibt, die man einfach abkupfern kann. Aber Brenner für Stirlingmotoren gibt es noch weniger von der Stange. Und der beste Stirlingmotor nutzt nichts ohne einen angepassten Brenner. Spätestens wenn man über das Niveau des Demonstrationsmotors (siehe Stirlingpyramide) hinaus will, muss man sich mit einem angepassten Brenner beschäftigen. Denn ab diesem Niveau geht es um die Verkaufbarkeit der Aggregate und einem Käufer und Anwender sind hohe Stirling-Wirkungsgrade (siehe Beitrag „Wirkungsgrad“ auf dieser Homepage) völlig egal. Er schaut nur darauf, wieviel Brennenergie er oben hineinsteckt und wieviel elektrische Energie unten herauskommt. Für den Betreiber ist also der Aggregat- oder Anlagen-Wirkungsgrad entscheidend.

Was aber heißt „angepasster Brenner“? Um uns das klar zu machen, schauen wir uns zunächst nicht angepasste Brenner an. Wie wäre es damit: Erdgasbrenner (Kaltluft ansaugend) beheizt mit den Flammenspitzen direkt den Stirlingmotor-Heißteil. Anschließend geht das Abgas durch einen Kessel und gibt seine Restwärme ab. Klingt doch ganz vernünftig – schließlich geht das Abgas nicht mit 800°C aus dem Schornstein, sondern wird noch einmal genutzt, um Heizungswasser bereitzustellen. Dabei leiten wir das Rücklaufwasser von den Heizkörpern bzw. von der Fußbodenheizung natürlich zuerst durch den Kühler des Stirlingmotors, um den Wirkungsgrad des Motors zu erhöhen und erst anschließend durch den Kessel. Alles richtig gemacht? Ja, vielleicht für das Niveau eines Demonstrationsmotors. Aber der Aggregat-Wirkungsgrad dürfte damit immer noch bei bescheidenen 12% liegen.

Es geht mehr:

Der entscheidende Quantensprung in der Stirlingbrenner-Entwicklung war der Brenner mit Frischluft-Vorwärmung. Bereits die Philips-Motoren von 1955 verfügten über einen solchen „air pre-heater“ (Seite 146 im Buch „The Philips Stirling Engine“ von C.M. Hargreaves). Das Prinzip ist einfach: Man schiebt die Wärmeenergie aus dem Abgas per Gegenstrom-Wärmeübertrager in die Frischluft. Die Frischluft wird bis zu 600°C vorgewärmt und erst dann mit dem Erdgas gemischt und entzündet. Die Flamme braucht also nicht das Gemisch von 30°C auf 600°C hochjagen – diese Energiemenge ist eingespart – und so genügt nun lediglich eine kleine Flamme, um dieselbe Wärmeleistung in den Erhitzerkopf zu bringen. Das erste Bild zeigt eine sehr einfache Anordnung mit einem kupferverlöteten Plattenwärmeübertrager für den Motor, der im zweiten Bild zu sehen ist. Oben befinden sich der Gasanschluss eine extrem lange Zündkerze und ein Flammendetektor. Am unteren Ende des Wärmeübertragers befindet sich Zuluft und dahinter Abgas (im zweiten Bild Zuluft mit Ventilator rechts und Abluft-Alu-Schlauch links (200°C).
Rohteile eines Brenners mit Frischluftvorwärmung LS1-100 von der Firma Herrmann Wärmesysteme Isolierung um den Brennraum mit Schauglas
Bild1: Brenner mit
Frischluftvorwärmung
Bild2: Brenner auf
LS1-100
Bild3: Brenner isoliert

Im dritten Bild sieht man, dass der Brennraum noch ein Schaurohr mit Glasfenster für die Beobachtung der Flamme erhalten hat. Wichtiger allerdings ist die Isolation aus Keramikfasern, die Halbschalen als Ummantelung um den Brennraum und die Keramikwolle um den Wärmeübertrager. Als das Bild entstand, war außerdem der obere Rand des Brennraumes noch nicht isoliert. Wie man trotzdem sehr schön erkennen kann, ist die Oberfläche der gesamten Isolation vielfach verwinkelt. Dadurch kann viel Wärme ungenutzt in die Umgebung gelangen. Da bietet es sich an, den Frischluft-Vorwärmer ringförmig um den Brennraum zu konstruieren.

Skizze von einem Philips-Brenner 1955

Das vierte Bild zeigt die Brenner-Konzeption eines Philips-Motors aus dem oben erwähnten Buch. Ziffer 27 weist auf den ringförmigen Vorwärmer hin. Die Isolation ist hier allerdings nicht vollständig dargestellt. Sie muss dort, wo die Temperatur hoch ist, besonders dick sein, damit an der Oberfläche ungefähr dieselben Temperaturen anliegen. Das sechste Bild zeigt einen Brenner mit diesem Vorteil. Er besitzt einen konischen Frischluft-Vorwärmer, der aus drei Blechen besteht.Der mittlere der drei Bleche ist mit Noppen ausgestattet, die im Wechsel beidseitig die anderen Bleche auf Abstand halten, so dass dazwischen die Luft strömen kann. Außerdem überträgt dieses Noppenblech die Wärme. Zum Krümmer rechts unten wird die kalte Luft eingeblasen, verteilt sich im Ringkanal und strömt außen am Noppenblech nach oben. Das verbrannte Abgas verlässt den Brennraum oben und strömt innen am Noppenblech nach unten. Im Sammelkanal unten befindet sich noch ein geripptes Wasserrohr, so dass das Abgas links unten aus dem Krümmer nur noch mit 160°C den Brenner verlässt.
Skizze eines Flox-Brenners für Stirlingmotoren 1999 Grundschema eines Flox-Torusses
Bild5: Brenner bei Mayer&Cie 1999 Bild2: Torus im Brennraum

Doch damit nicht genug. Dieser Brenner enthält noch eine Besonderheit, die auf den ersten Blick nicht zu sehen ist.  Das Gasgemisch wird in Achsmitte stark beschleunigt und bildet ein Torus. (Deshalb die halkugelförmige Oberseite des Brennraumes.) Dabei zirkuliert das Gas 5-9 mal im Torus, bis es als Abgas den Brennraum verlässt. Das senkt die Stickoxid- und Kohlenmonoxid-Emissionen erheblich. Außerdem geht die Geräuschentwicklung des Feuers auf praktisch null herunter. Aus folgendem Grund: In einem normalen Feuer ist die Richtung des Gases die gleiche, wie die des Feuers. Damit das Feuer nicht ausgeht, muss am Rand des Feuers eine Zündungs-Front gegen die Gasströmung ankämpfen. Diese Zündungsfront besitzt aber keine konstante Geschwindigkeit, sondern erfolgt ruckartig, je nach Gasgeschwindigkeit mehrere Male in der Sekunde bis mehrere tausend Mal in der Sekunde. Die Luft um die Zündungs-Front vibriert entsprechend. Dabei werden Schallwellen erzeugt. Bei langsamen Gasgeschwindigkeiten, z.B. eines Holzfeuers hören wir typischerweise ein Brabbeln, bei einem Gasbrenner (hohe Gasgeschwindigkeiten) ein Brummen oder sogar ein Fauchen. Bei diesem Brenner für Stirlingmotoren dagegen verstummt nach einer kurzen Aufwärmphase das fauchende Geräusch, weil das Gasgemisch mit einsetzender Stabilisierung des Torusses quasi von hinten gezündet wird – mit dem Gasstrom. Eine solche Zündung erfolgt kontinuierlich, ohne Vibrationen und damit absolut leise. Auch das Flammenbild sieht anders aus. Eigentlich sieht man gar keine Flamme, weshalb dieses Brennerkonzept auch „flammenlose Oxidation“ und der Brenner abgekürzt Flox-Brenner genannt wird. Aber die starke Abgabe an Hochtemperatur-Wärme auf einen Erhitzerkopf, der von unten in den Brennraum eingeführt wird, spricht auch ohne sichtbare Flamme für diesen Brenner. Übrigens, Biogas, Klärgas oder Holzgas kann ebenfalls mit dem Flox-Brenner verfeuert werden.

Will man Holz bzw. Holzpeletts direkt verbrennen, sollte der Erhitzer mit seinen Röhrchen um die Flamme positioniert sein, ohne dass die Flammenspitzen an den Röhrchen anstoßen. Wenn dieses „Anstoßen“ vermieden wird, gehen die Kohlenmonoxid-Emissionen stark nach unten. Solche Holzbrenner – auch mit Frischluft-Vorwärmung – sind Neuland, aber dürften für kleine Stirlingmotoren schnell Standard werden. Eine besondere Herausforderung der kleinsten unter ihnen, nämlich die mit Peletts-Pfannen, wird wohl die Vereinzelung der Peletts darstellen, die exakt kontinuierlich in die Pfanne fallen müssen.

Skizze eines Ljungström-Gebläses mit zwei Elektromotoren

Nun noch ein Wort zu dem Ventilator für die Frischluft. Er muss nicht nur eine Flammendüse überwinden, sondern zweimal komplett die Strömungswiderstände im Frischluft-Vorwärmer – einmal beim Vorwärmen und ein zweites Mal beim Abkühlen. Deshalb setzt man sehr starke, schnelllaufende Ventilatoren ein. Dadurch wird der Ventilator allerdings zum lautesten Nebenaggregat an der Gesamtanlage, lauter als die Laufgeräusche des Stirlingmotors, wenn dieser spielfrei gebaut wurde.
Da aber unser Stirlingmotor gerade in den Kellern von Einfamilienhäusern Verbreitung finden soll, sind solche Geräusche vor allem in der Schlafenszeit nicht tolerierbar. In der Industrie würde man bei entsprechenden Drücken ein Seitenkanal-Gebläse einsetzen. Aber dessen Geräuschpegel ist noch höher. Und für den Einsatz von Kompressoren ist der benötigte Druck noch viel zu gering. Eine mögliche Lösung wären mehrere, normal-schnelle Ventilatoren hintereinander geschaltet, die allerdings zusammen ein großes Volumen einnehmen. Nein, die Ventilator-Flügelräder gehören alle auf eine Welle. Mehrstufige Wasserpumpen nach diesem Prinzip gibt es bereits. Oder man entwickelt irgendwann einen Hochdruck-Ventilator nach dem Ljungström-Prinzip (siehe Bild rechts). Aber das ist noch Zukunftsmusik...

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