Auswuchtung

 Auswuchtungsberechnungen speziell für den Stirlingmotor

Wir alle kennen das Geräusch, wenn die Waschmaschine ihren Schleudergang einlegt und unsanfte Vibrationen im ganzen Haus verkünden, dass in Kürze die Wäscheleine gefüllt werden kann.
 

Ein solches unrundes Gehopse will man bei Motoren natürlich vermeiden, besonders wenn der betreffende Motor als Kraft-Wärme-Kopplung direkt im Haus seinen Platz finden soll. Nur wenn Nachts im gleichen Haus geschlafen werden kann, ist eine Micro-KWK marktreif.

Das gilt im Besonderen auch für den Stirlingmotor. Wenn das lauteste Geräusch vom Frischluft-Ventilator kommt, sollte man sich die Laufkultur seines Stirlingmotors nicht durch eine Unwucht wieder zunichte machen lassen. Deshalb sollten wir Wert auf eine gute Auswuchtung legen. Und das gilt auch und gerade bei Modell-Motoren, unserem Aushängeschild für eine breite Markteinführung und Vorreiter der Stirlingtechnologie.

 

Über die Auswuchtung von Stirling- und Ridermotoren findet man so gut wie gar nichts in der Literatur oder im Internet. Deshalb hier einige Tips, wie man dabei vorgehen kann. Auf eine im Maschinenbau übliche Berechnung der Kräfte will ich dabei ganz bewußt verzichten. Die Berechnungen sind für den ungeübten Hobby-Ingenieur kompliziert genug. Hier die Vorgehensweise:

 

Die 90°-Gamma-Maschine

  1. Liste des Verdrängerkolben-TriebwerkesAlle Teile des Verdrängersystems auflisten
  2.  

     

     

     

     

  3.  Diese Summe mit dem Kurbelradius multiplizieren: 28 g x 0,8 cm = 22,4 gcm
  4.  Die Einheit gcm ist vielleicht anfangs etwas ungewohnt . Die Größe nennen wir „Kolbenunwucht“ oder einfach „Unwucht“.

    Die Kolbenunwucht des Verdrängertriebwerkes beträgt in unserem Fall also 22,4 gcm.

     

  5. Liste des Arbeitskolben-TriebwerkesAlle Teile des Arbeitskolbensystems auflisten

     

     

     

     

  6. Die Summe mit dem Kurbelradius multiplizieren: 27,5 g x 0,8 cm = 22 gcm
  7. Die Kolbenunwucht des Arbeitskolbentriebwerkes beträgt 22 gcm.

     

  8. Vergleich der beiden Kolbenunwuchte: Beide Werte sollten bis auf 10% gleich sein. Meistens ist der Arbeitskolben noch zu leicht. Tipp: Anlenk-Mechanismus einbauen, damit der Motor außerdem stärker wird und länger läuft (siehe Beitrag „Leichter Lauf“). Also Motor anpassen.
  9. Nun kommt die eigentliche Auswuchtung: Die Kurbelbacke (gegenüber der Kurbel) muss dieselbe Unwucht bekommen wie eines der beiden Kolben, also in unserem Fall 22 bis 22,4 gcm.
  10. (Warum nicht beide Kolbenunwuchte zusammen? Ganz einfach, weil immer der Kolben von der Backe ausgewuchtet werden muss, der gerade im Totpunkt steht. Und da bei einem 90°-Motor immer nur ein Kolben zur Zeit im Totpunkt stehen kann, brauchen wir nur diesen auszuwuchten. Natürlich müssen wir, wenn sich die Kurbel um  90° weitergedreht hat, den anderen Kolben auch auswuchten, weil dieser dann im Totpunkt steht. Aber dies geschieht – wie wunderbar - automatisch, weil sich die Backe ja auch um 90° gedreht hat...usw.)

     

    Berechnung Aufgeteilte Kurbelbacke

    Aufgeteilte Kurbelbacke

  11. Nun müssen wir die Unwucht der Kurbelbacke herausbekommen. Wir zeichnen uns die Kurbelbacke auf. Damit die Kurbelbacke möglichst dünn wird, wählen wir R so groß wie möglich (was der Getrieberaum hergibt). Dann wird die Backe graphisch in Streifen aufgeteilt und diese Streifen in Rechtecke verwandelt.
  12. Die Masse der Rechtecke mit der Dichte des Materials berechnen wir erst einmal so, als ob die Kurbelbacke 10 mm dick wäre.
  13. Die Massen der Rechtecke multiplizieren wir danach mit dem jeweiligen Radius a, b, c usw. In unserem Fall bekommen wir also drei Unwuchte (in gcm) heraus.
  14. Die Unwuchte werden addiert. Es kommen z.B. 30 gcm heraus.
  15.  

    Rechnung reduzierte Backe1

  16. Dieses Ergebnis bekommen wir bei einer Kolbenbackendicke von 10mm. Gebraucht werden aber keine 30 gcm sondern 22 bis 22,4 gmm. Die Kurbelbacke ist also noch zu dick. Die richtige Dicke berechnet sich wie folgt:
  17.  

  18. Rechnung reduzierte Backe2

    Ganz stimmt die Sache noch nicht, denn die Unwucht der rotierenden Massen auf der gegenüberliegenden Seite der Backe müssen abgezogen werden. Das sind: Kurbel, Kurbelhals und rotierende Anteile der beiden Pleuel. Der Radius, mit dem diese Massen multipliziert werden müssen, ist natürlich der Kurbelradius (in unserem Fall 0,8 cm). Wenn wir diese Unwuchte von vielleicht 3 gcm von den 30 gcm abziehen, lautet die Rechnung:

Damit haben wir jetzt einen normalen 90° bzw. V-Motor ausgewuchtet.

Wer sich einen Beta-Stirling oder gar einen verbesserten Gamma-Stirling mit 80°, 70° oder 60° konstruieren will, hat mehr zu tun und sollte noch weiterlesen.

 

 

Beta-Maschine mit Phasenwinkel 90°

 

Wir können Beta-Maschinen auf zweierlei Weise auswuchten. Bei der ersten der beiden Varianten wird die Berechnung oben mit Hilfe der zwölf Schritte vorausgesetzt.

Übertragung auf PfeileUnd auch diese Variante teilen wir auf. Zuerst betrachen wir ein System, in dem beide Kolben – Verdränger- und Arbeitskolben – gleich schwer sind. Dieses System zeichnen wir jetzt so auf, dass die Winkelhalbierende des Phasenwinkels genau die Zylinderachse darstellt. Darunter zeichnen wir dann noch einmal die Kurbelrichtungen als Pfeile. Diesen Pfeilen geben wir eine bestimmte Länge: Um bei unserem Beispiel zu bleiben - für die 22,2gcm wählen wir eine Pfeillänge von 22,2mm. Dann werden zwei weitere, parallele Pfeile angehängt, so dass wir ein Parallelogramm erhalten. Schließlich zeichnen wir einen dicken Pfeil in der Mitte ein. Dieser Pfeil besitzt eine Länge von 32,5 mm (32,5gcm), wenn der Phasenwinkel 90° berägt.

 

 

 

 

Beta-Maschine mit einem Phasenwinkel von weniger als 90°

gleichschenkliches ParalellogrammBei einem kleineren Winkel – ein solcher Winkel ist wegen der Schonung der Lagerstellen und Verlängerung der Lebensdauer ohnehin wünschenswert (siehe Beitrag Definition Stirlingmotor / Ridermotor), kommt ein längerer dicker Pfeil heraus.

 

 

Beta-Maschine mit verschiedenen Massen

ungleichschenkliches ParalellogrammDie ganze Berechnung funktioniert auch, wenn die beiden Kolben nicht dieselbe Masse besitzen.Die verschiedenen Massen als verschiedenlange Pfeile auftragen und ein Parallelogramm zeichnen. Dabei muss das Parallelogramm so gedreht werden, dass der dicke Pfeil wieder auf der Zylinderachse liegt!

 

Beta-Maschine mit verschieden langen Kurbelradien

Wenn wir unseren Heißteil nicht mit einer Temperatur von 650°C (bei Erdgasflamme) betreiben wollen, sondern mit zB. nur 350°C (bei Holzverbrennung und Biogasflammen), ist es von Vorteil, wenn wir das Kolbenverhältnis (Arbeitskolbenhubvolumen zu Verdrängerhubvolumen) verkleinern. Das kann dadurch geschehen, dass der Verdränger einen größeren Durchmesser erhält als der Arbeitskolben. Zusätzlich oder stattdessen kann man aber auch den Kurbelradius variieren. Bleiben wir in unserem Beispiel bei einem Kurbelradius von 0,8 cm für den Arbeitskolben und verpassen wir dem Verdrängersystem einen Kurbelradius von 1,2 cm. Dann muss die Verdrängersystem-Masse von 28g mit 1,2 cm multipliziert werden. Dies ergibt eine Unwucht von 33,6 gcm. Das Parallelogramm bekommt jetzt eine besondere Gewichtung in Richtung Verdrängerkurbel. Es wird wieder so gedreht, dass der dicke Pfeil auf der Zylinderachse liegt. (Pfeilbild ähnlich wie oben bei der Beta-Maschine mit verschiedenen Massen).

Vereinzeln der Unwuchte

Soweit diese verschiedenden Varianten von Beta-Maschinen. Immer haben wir dabei am Schluß den dicken Pfeil herausbekommen. Die Länge dieses dicken Pfeils messen wir jetzt aus.  Denn ab jetzt benutzen wir für die nächsten Berechnungsschritte nur noch diesen Pfeil. Dieser hat z.B. 32,5 mm Länge, was einer Unwucht von 32,5 gcm entspricht.

Diese Unwucht von 32,5 gcm muss nun durch eine Kurbelbacke ausgewuchtet werden, die ebenfalls eine Unwucht von 32,5 gcm aufweist. Das Verfahren zur Ermitllung der Geometrie der Kurbelbacke ist dasselbe wie in Punkt 7 bis 12 beim 90°-V-Motor.

Stirling mit AuswuchtkolbenWir tun also so, als ob es nur noch einen Kolben in der Zylinderachse gibt. Schließlich machen wir aus dem Beta-Stirling auswuchttechnisch tatsächlich einen 90°-V-Motor, indem wir 90° zur Zylinderachse einen zweiten Zylinder anbringen. Der Kolben, der darin oszilliert, braucht keine Gaskräfte aufzunehmen und der Kompressionsraum ist durch einem Bypass mit dem Gehäuse verbunden. Bei trocken laufenden Stirlingmotoren gilt auch für diesen Kolben, dass er einen Anlenkhebel benötigt. Aber es geht genauso gut auszuwuchten, wenn man den Kolben weglässt und den Anlenkhebel an seinem Gelenkpunkt zum Pleuel hin sehr schwer macht, bzw. wenn man umgekehrt das Pleuel an dem Punkt sehr schwer macht. Auf jeden Fall muss eine Unwucht von 32,5 gcm aufgebaut werden, um bei unserem Beispiel zu bleiben. Auf der Abbildung links sind nun alle drei Kurbeln zu sehen. Diese liegen natürlich hintereinander, damit sie sich nicht ins Gehege kommen.

Als Beispiel für eine solche Auswuchtung möchte ich meinen Stirlingmotor LG1-100 nennen. Auf dem Schemabild befindet sich die Kurbel des Ausgleichspleuels halb versteckt zwischen den beiden anderen Kurbelpunkten. Sein Kurbelradius ist kleiner als die Kurbelradien der beiden anderen Kurbeln. Dafür ist das Gewicht auf dem Anlenkhebel entsprechend größer. Auf dem Bild sieht man den Motor bei der Montage. Das Auswuchtpleuel ragt in einen extra Kasten, indem sich der Anlenkhebel befindet. Die Kastenwand dazwischen konnte aus Stabilitätsgründen nicht weggelassen werden, da der Motor mit 70 bar Helium aufgeladen wurde.



Diese Art der Auswuchtung stellte sich bei diesem Motor als sehr erfolgreich heraus. Der Versuch mit der aufrecht stehenden Münze, den ich bis dahin mehr sprichwörtlich verstanden hatte, konnte man tatsächlich bei voller Drehzahl in allen Himmelsrichtungen durchführen, ohne dass die Münze umfiel.

Stirlingmaschinen mit Winkelhebelgetriebe

Stirling mit Winkelhebelgetriebe

Bisher haben wir Betamaschinen ohne Winkelhebel betrachtet. Aber das oben beschriebene Verfahren funktioniert natürlich auch mit Winkelhebel. Dabei fällt der Kurbelzapfen für den Verdränger einfach weg. Auswuchttechnisch muss man sich aber eine solche Kurbel aufzeichnen, sonst kann man nicht die Richtung und die Länge des dicken Pfeils ermitteln. Und genau in der Richtung des dicken Pfeils muss wieder die Auswuchtkurbel angebracht werden. Auf der Abbildung sieht man auch, dass sich das Winkelhabel-Triebwerk räumlich mit dem Auswucht-Triebwerk ins Gehege kommt, wenn es nicht auf der anderen Seite platziert wird. Solch ein Getriebe wird sehr breit und es ist dann besser, man sucht nach einer anderen Lösung wie die Boxer-Auswuchtung, aber dazu gleich mehr. Die Massen für den Winkelhebel können wir übrigens ruhig vernachlässigen. Sie sind meist sehr klein gegenüber dem Verdränger.

 

Die Boxer-Auswuchtung

Schema Boxerauswuchtung

Nun zur anderen Möglichkeit, einen Beta-Stirlingmotor auszuwuchten. Dabei macht man sich die Bauweise der sogenannten Boxermotoren zunutze. Diese Zweikolben-Maschine ist immer ausgewuchtet. Sie benötigt nur zur Kompensierung der rotierenden Massen der Kurbel, dem Kurbelhals und den rotierenden Anteilen der Pleuel eine sehr kleine Auswuchtbacke.

Beim Stirlingmotor setzt man als den einen der beiden Kolben den dicken Pfeil ein. Der gegenüberstehende Kolben kann wieder ein Blindkolben ohne Kompression sein, oder ein Anlenkhebel ohne Kolben als oszillierendes Gegengewicht.

 

Beta-Stirlingmotor

In der Abbildung rechts ist ein solcher Motor noch ohne Auswuchtmechanismus dargestellt. Genau wie beim Motor LG1-100 ist das Arbeiskolbenpleuel (hier rot) zunächst nach links gewandt. Über den lila Anlenkhebel wird die geschwungene Schubstange stark beruhigt, so dass am Arbeitskolben kein Gelenk mehr nötig ist. (Bei diesem 3D-Modell ist die Kurbel bereits 150° weitergedreht gezeigt.)

 

Verbindungspleuel

Nun zur Auswuchtung: An den Kurbelzapfen wird eine Kröpfung festgeklemmt (hier hellgrün dargestellt), die wiederum einen Kurbelzapfen besitzt. Die Position dieses zweiten Kurbelzapfens darf dabei aber nicht genau gegenüber dem ersten Zapfen sein, sondern genau gegenüber der Richtung, in der der dicke Pfeil zeigt.

 

Boxer-Stirlingmotor

Nun wird ein zweites Pleuel (olivgrün) in den neuen Kurbelzapfen eingehängt und mit dem Anlenkhebel (hellblau) verbunden. Deutlich ist die Aufdickung an diesem Hebel zu erkennen, die in unserem Fall 325gmm Unwucht haben sollten. Dieses Ausgleichsgewicht schwingt jetzt boxerartig gegen die beiden anderen Kolben (Arbeits- und Verdrängerkolben).

Auswuchtung von 60- 90°-Gamma-Stirlingmotoren

Die meisten Stirlingmotoren besitzen einen Phasenwinkel von 90° zwischen Verdränger und Arbeitskolben. Das ist gut so. Aber besser sind kleinere Winkel. Der Moment des größten Überdrucks liegt dann nicht so nah am oberen Totpunkt des Arbeitskolbens, wo er ohnehin keine Arbeit verrichten kann, sondern etwas weiter zur Hubmitte. Auch der Betrag dieses Überdruck-Peaks liegt tiefer, so dass die Lagerstellen geschont werden. Wenn man bedenkt, dass 10% Reduktion der Lagerkräfte eine Lebensdauer-Erhöhung von 42% bewirkt, so sollte jeder professionelle Stirlingmotor einen angepassten Phasenwinkel haben.

Nur, was ist angepasst und an was muss die Anpassung erfolgen?

Hochdruck-VerdichterDer oben angesprochene Effekt des Wanderns des Überdruck-Paeks taucht vor allem bei Maschinen mit hoher Kompression auf. Dagegen gibt es bei Niedertemperatur-Stirlingmotoren diesen Effekt kaum. Es geht also wieder mal um das Kolbenverhältnis (KV) (siehe auch im Beitrag „Definition Stirling / Rider). Um konkret zu werden, bei einem Motor mit einem KV von unter 0,2 lohnt es sich nicht, den Phasenwinkel zu reduzieren und die komplizierte Auswuchtung in Angriff zu nehmen, die nun folgt. Wer aber einen Leistungs-Stirling verkaufen will, der ein KV von über 0,5 besitzt, sollte sich auf jeden Fall die Mühe machen.

Bei der Auswuchtungs-Betrachtung wollen wir von zwei bekannten Grenzmaschinen ausgehen. Das ist einmal die Drei-Zylinder-Maschine in W-Bauweise, meist bei handelsüblichen Kompressoren realisiert, und die klassische 90°-Maschine, deren Auswuchtung wir hier als allererste betrachtet hatten.

Bei der W-Bauweise von Hochdruck-Kompressoren, hier links abgebildet, liegt der Winkel zwischen den Zylindern bei jeweils 60°. Eine solche Maschine braucht gegenüber der Kurbel eine rotierende Masse (Kurbelbacke) und ist damit vollständig ausgewuchtet. Dabei müssen die Unwuchte der drei Kolben gleich groß sein und die Unwucht der Kurbelbacke 50% größer als einer der drei Unwuchte.

Betrachtet man den oberen und den rechten Kolben als Arbeitskolben und als Verdränger, so funktionieren wir den dritten Kolben des Kompressors beim Stirlingmotor als Ausgleichskolben um. Da wir trockenlaufende Stirlingmotoren favorisieren, gehören natürlich Anlenkhebel wieder zum üblichen Geschäft.

Graphik Winkelhalbierende

Wer einen Stirlingmotor plant, der durch eine heiße, konzentrierte Flamme beheizt wird (z.B. mit Erdgas) und der mit einem Kolbenverhältnis von 1 und Helium laufen soll, der ist mit einer 60°-Maschine bestens bedient. Aber wer diese mit Stickstoff betreiben will und oder als Heizenergie Biogas, Holzgas, Hackschnitzel oder Pellets angedacht hat und deshalb auch auf Kolbenverhältnisse von 0,6 bis 0,8 runter geht, der sollte 70°, 72° oder 75° wählen. Es geht im folgenden also tatsächlich um die Winkel zwischen 60° und 90°.

Schaut man genau hin, dann liegt unser Ausgleichskolben bei der 60°-Maschine genau 90° zur Winkelhalbierenden von Arbeitskolben und Verdrängerkolben. Das ist kein Zufall !!! Wenn man mehrere Berechnungen gemacht hat, entdeckt man, dass das Prinzip bei 70° und 80° genauso gilt. Die Winkelhalbierende von 70° ist 35°. Wenn wir 90° zu dieser Winkelhalbierenden unseren Ausgleichskolben festlegen, ist die Maschine wieder ausgewuchtet. Nur der Betrag der Unwucht muss beim Ausgleichskolben kleiner sein. Um wieviel kleiner?

Auswucht-Diagramm

Nun wissen wir, dass beim anderen Grenzfall, der 90°-Maschine, der Betrag der Unwucht des Ausgleichskolbens null sein muss, da es diesen Ausgleichskolben gar nicht gibt. Man könnte eine lineare Beziehung vermuten, so dass der Betrag bei 70°-Maschinen nur noch zwei Drittel der Anfangs-Unwucht und bei 80°-Maschinen ein Drittel der Anfangs-Unwucht ausmacht. Aber es geht hier nicht um lineare Beziehungen, sondern um Beziehungen, die mit Cosinus-Berechnungen zu tun haben, die ich uns aber ersparen will. Jedenfalls ist die Kurve nicht ganz gerade, wie man in der letzten Abbildung sieht. Außerdem kann man auf dieser Abbildung auch den Betrag der Unwucht der Kurbelbacke in der gestrichelten Kurve ablesen. Damit haben wir dann alles, was wir für die Auswuchtung von Gamma-Stirlingmotoren mit einem Phasenwinkel zwischen 60° und 90° brauchen. Ich wünsche allen Stirling-Machinenbauern gutes Gelingen!

durchgestrichener 4-System-Rider

Auswuchtung von 4-System-Verdrängeranordnungen

Bei 90°-Ridermotoren (Alpha-Typ) war es üblich, die 4 Systeme parallel im Kreis anzuordnen und durch ein Schiefscheiben-Triebwerk oder ein Taumelscheiben-Triebwerk  zu betreiben. Wie auf dieser Internetseite schon mehrfach geschehen, taugt dieser Motor nichts, einmal weil er mit einer zu harten Flamme beaufschlagt werden muss, aber andererseits auch dadurch, dass die überaus großen Kräfte dieser Maschine nur eine kurze Lebensdauer der Scheibentriebwerke nach sich ziehen. Alle derartigen Anstrengungen sind bisher gescheitert.

Beim Stirlingmotor (Beta- und Gamma-Typ) sind die Kräfte an den Arbeitskolben dagegen ca. 40 % kleiner, aber immer noch zu groß für Schiefscheiben-Triebwerke oder Taumelscheiben-Triebwerke. Das gilt allerdings nur für die Arbeitskolben. Die Kräfte an den Verdrängern betragen nur wenige Prozent davon und sind damit prädestiniert für diese Scheiben-Triebwerke!!! Daher ist es durchaus vorstellbar, dass diese Anordnung in Zukunft ein Comeback feiert.

4-System-Stirlingmotor mit flüssigem Metall um den Erhitzer

Links die Skizze eines 4-System-Stirlingmotors mit zwei doppelwirkenden Arbeitskolben in V-Anordnung (für sich ausgewuchtet) und vier oben-liegenden Verdrängerzylindern mit Taumelscheiben-Antrieb. Die beiden Wellen sind mit einem variablen Phasenwinkel-Verstellmechanismus (siehe Beitrag „Rekuperation“) ver-bunden, hier variables Zahn-riemen-Triebwerk genannt. Die vier Erhitzer tauchen in ein Gefäß mit flüssigem Metall (z.B. Zinn) ein, das von einem Pellet-Brenner beheizt wird.

 

Auswuchtung-eines Schiefscheiben-Triebwerkes

Betrachtet man die vier Verdrängersysteme in ihrem Bewegungsablauf, so sieht man eine Reihum-Wellenbewegung ähnlich einer Laola-Welle. Diese bewirkt ein rotierendes Drehmoment, das immer mit den Totpunkten mitwandert. Dabei müssen die Massen eines Verdrängerkolbens mit ihrer Stange und den Maschinenbau-Elementen am Scheibentriebwerk, die ebenfalls die oszillierende Bewegung des Verdrängers mitmachen, zusammen addiert werden. Diese Gesamtmasse (zweimal) wird nun mit dem Hub multipliziert und dann noch mit dem Achsabstand zwischen zwei diagonal gegenüberliegenden Verdrängern. Das Ergebnis ist das Drehmoment, das während des Laufes um die gemeinsame Achse aller vier Verdränger rotiert.

 

Dieses rotierende Drehmoment gilt es nun auszuwuchten.

Auswuchtung-eines Taumelscheiben-Triebwerkes

Die Auswuchtung von Schiefscheiben-Triebwerken ist dabei am einfachsten, da die Scheibe selbst ein rotierendes Drehmoment ausübt (rote Pfeile), das genau entgegen dem rotierenden Drehmoment steht, das die Verdrängersysteme verursachen (grüne Pfeile). Dabei muss lediglich die Dicke bzw. die Masse der Scheibe auswuchtmäßig angepasst werden.


 Beim Taumelscheiben-Triebwerk rotiert die Scheibe nicht mit, sondern gehört, weil sie die oszillierende Bewegung der Verdränger mitmacht, zum oben genannten rotierenden Drehmoment, das es auszuwuchten gilt. Die Auswuchtung erfolgt über zwei zusätzliche Massen Z1 und Z2 auf der Achse (Gewichte mit rotem Pfeil). Das gegenwirkende Drehmoment errechnet sich aus Z1 plus Z2 mal dem doppelten Achsabstand mal dem Abstand parallel zur Achse, zu der Stelle, an der Z2 angreift. Dieses Drehmoment muss wieder so gewählt werden, dass es genau entgegen dem rotierenden Drehmoment steht, das die Verdrängersysteme verursachen (grüne Pfeile).

Auswuchtung-eines Quadromotors

Ein rotierendes Drehmoment entsteht auch, bei dem Verdränger-Triebwerk rechts. Die Verdrängerkolben-Welle (VK) wird auch hier über ein variables Zahnriemen-Triebwerk oder einer Kette von der Arbeitskolben-Welle (AK) angetrieben (beide in der gleichen Drehrichtung). Das Bild zeigt dabei nur die erste Reihe, dahinter liegt eine zweite Reihe von Kolben.

Die Auswuchtung der vier Verdrängerkolben übernimmt eine zentrale Achse, die über ein Winkelgetriiebe von der Verdrängerkolben-Welle angetrieben wird (rot eingezeichnet). Die zwei Massen Z1 und Z2 erzeugen wieder das gegenwirkende rotierende Drehmoment, das den Stirlingmotor auswuchtet. (Nähere Auskunft über die Funktionsweise dieses Quadro-Stirlings beim Autor dieser Internetseite).

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